Re: Ist Übergewicht ein Diskriminierungsgrund?
Die Frage ist mehrdeutig. Was heißt "Diskriminierungsgrund"?
Wenn damit gemeint sein sollte, dass der Arbeitgeber Übergewicht zulasten eines Bewerbers wertet = Anlass zu Diskriminierung, ist das nach meiner Beobachtung ein Diskriminierungsgrund. Übergewicht wird negativ ausgelegt. Mit Übergewicht sind - ob bewusst oder unbewusst - negative Wertungen verbunden. Manche unterstellen Übergewichtigen Faulheit, Mangel an Selbstkontrolle, andere vielleicht die Befürchtung, der Arbeitnehmer könnte an Beschwerden leiden und oft krank feiern. So bitter es ist: Übergewicht wird von weiten Teilen der Bevölkerung negativ betrachtet und kann eine echte Hürde bei Bewerbungen sein.
Oder soll "Diskriminierungsgrund" bedeuten, dass das juristisch betrachtet eine Rechtfertigung sein könnte, jemanden gegenüber einem Normalgewichtigen zu benachteiligen. Schwierige Frage. Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierungen wegen "der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität". Übergewicht kann man m.E. darunter fassen. Wenn man schon wegen einer Behinderung niemanden diskriminieren darf, dann erst Recht nicht wegen Übergewichts. Allerdings können Diskriminierungen wegen dieser Merkmale wiederum "gerechtfertigt" sein z.B. nach § 8 des AGG wegen besonderer beruflicher Anforderungen. Ist z.B. bei der Polizei allgemein bekannt, dass man dort mit Übergewicht zumindest nicht eingestellt wird (eine andere Sache ist es, wenn man nach der Erprobung auf einmal dick wird).
Unabhängig davon - ist schon mehrfach angeklungen - ist das AGG gelegentlich ein stumpfes Schwert. Das Unterbewusstsein beim Arbeitgeber sagt z.B. "der ist dick und mir nicht sympathisch" und der AGG-erfahrene Arbeitgeber weiß "das darf man nicht sagen" und findet einen anderen Grund, die Bewerbung abzulehnen.
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